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Am tiefsten Punkt der Erde

02.11.2013 15:58

Irgendwann Mitte November waren wir ja am Toten Meer, wie immer mit Laura und Denise :D Ich muss sagen, das war so ziemlich der schönste Trip bisher. Und für alle die es nicht glauben: Es stimmt! Man schwimmt wirklich oben! Wenn man dort ankommt, sieht das Meer so friedlich aus, es gibt keine Wellen, nur stilles, klares Wasser. Schließlich ist es das "Tote" Meer: darin lebt oder gedeiht nichts, dafür ist es nunmal viel zu versalzen. Keine Fische, Algen, oder andere gefährliche und eklige Wasserlebewesen. Es ist wie das Paradies - bis man reingeht. Zunächst mal hat das Wasser eine sehr merkwürdige Konsistenz, ganz schlierig und es hängt wie Öl am Körper. Und natürlich spürt man das Salz an jeder kleinen Schnittstelle - aber es sind keine Höllenqualen, denn eigentlich brennt es sowieso ein bisschen am ganzen Körper. Aber es lohnt sich, denn das Gefühl ist einfach so verrückt, dass man einfach nicht untergehen kann. Man schwebt sozusagen an der Oberfläche und man kann, wenn man will, auch entspannt dort Zeitung lesen.

Jedenfalls war es wirklich mega schön dort. Und der nächste Tag hat das fast noch getoppt: Der Nationalpark von Ein Gedi. Dort läuft man durch eine sehr schöne Landschaft gemischt aus Wüstenfelsen und Oasen mit grünen Pflanzen und unglaublichen Wasserfällen. So hatte man zwischendurch immer eine Erfrischung (wir hatten immerhin 35 Grad oder so... im Oktober :D) und außerdem ein unglaubliches Erlebnis. Nachdem man an fünf oder sechs Wasserfällen vorüber ist beginnt dann der richtige Wanderweg den Berg hinauf - und die Aussicht ist einfach der Hammer! Man hat einen wundervollen Blick über das Tote Meer und die Umgebung (also größtenteils Wüste). Kaum zu beschreiben. Und wenn man oben angekommen ist kann man sich in einer kleinen Naturquelle abkühlen, in der das Wasser so klar ist wie Glas. Wenn man Glück hat, begegnet man auf dem Weg noch ein paar Ziegenböcken.

Übernachtet haben wir auf einem kostenlosen Campingplatz direkt fünf Minuten vom Toten Meer entfernt. Eine der Guides von unserer Arbeit hatte uns ein Zelt geliehen, das einzige Problem war, dass wir keine Isomatte hatten. Also haben wir versucht, auf dem harten Boden der Steinwüste ein wenig Schlaf zu kriegen - und natürlich hatten wir alle Verspannungen am nächsten Tag. Aber dafür hat es sich allemal gelohnt! Eine weitere Herausforderung war natürlich die Verpflegung, da wir weder Kochsachen noch eine Möglichkeit zum Kühlen hatten. Wir hatten eigentlich Reissalat geplant...der leider schon am zweiten Tag schlecht war. Aber wir hatten Glück: Am ersten Abend haben wir ein paar Jungs kennengelernt, die dort auch gezeltet haben, und die leider leider zu viel Essen hatten. Da haben wir natürlich mitgeholfen, dass es nicht schlecht wurde ;) und es war wirklich lecker, weil die Jungs gegrillt haben! Den Rest der Zeit haben wir uns halt von Brot ernährt.

Fehlt nur noch der dritte Tag... Massada. Das ist eine Uralte Festungsanlage auf einem Berg, in die das jüdische Volk im 5ten Jahrhundert vor den Römern geflohen ist. Jedenfalls kann man dort mit der Gondel oder zu Fuß hoch gelangen - und wir haben uns für letzteres entschieden. Also sind wir bei 35 Grad den steilen und anstrengenden Weg hochgeklettert. Aber es hat trotzdem Spaß gemacht, trotz Hitze und praller Sonne. Wenn man sich einen Turban wickelt und genug trinkt, ist das gut zu schaffen ;)

Und nachdem wir den Aufstieg gemeistert hatten, hat uns eine sehr interessante uralte Festung erwartet, von der noch sehr viel erhalten ist. Glücklicherweise hatten wir Denise, die uns die wichtigsten Informationen zu dein einzelnen Stationen geben konnte, wie z.B. die alte Zisterne, die Badezimmer, die Zitadelle mit einem berühmten Mosaikboden usw. Die ehemaligen Bewohner von Massada hatten sich dort ziemlich gut eingerichtet.

Elternabend mit Trommelwirbel

18.10.2013 11:55

Am Mittwoch letzte Woche hatten wir einen sehr netten kleinen Abend mit den Eltern: Alle Autisten wurden rausgeputzt, die Mädchen wurden frisiert und alle bekamen ihre beste Kleidung an. Es gab ein leckeres Buffet, das von den Eltern zusammengestellt wurde (und innerhalb von 10 Minuten leer war - Autisten sind so verfressen! xD) und ein schönes kleines Programm. Und unser Hof vor dem Hostel war extra für die Party hergerichtet und sah total gemütlich und cool aus mit Lichtern und Sitzkissen und Tischen und allem. Es war auch sehr schön, die Autisten mal zusammen mit ihren Familien zu sehen. Einige hatten auch kleine Schwestern und Brüder, die ebenfalls mitgekommen waren. Und alle waren sehr glücklich, da Autisten eine sehr starke Bindung zu ihren Eltern haben und sich jedesmal unheimlich freuen, sie zu sehen, was bei manchen weniger und bei anderen öfter vorkommt. Manche Eltern holen ihre Kinder auch regelmäßig übers Wochenende nach Hause oder unternehmen unter der Woche für einen Nachmittag was mit ihnen, allerdings gibt es auch Eltern, die mit der Behinderung ihres Kindes nicht gut klar kommen.

Es waren an dem Abend natürlich auch viele guides gekommen, die mitgefeiert aber auch ein bisschen aufgepasst, falls die Autisten nervös geworden sind. Denn so ein Abend kann für einige ja auch ziemlichen Stress bedeuten. Das Programm war, wie gesagt, auch nett gestaltet: Es gab ein paar Reden, einige wie z.B. unsere Sozialarbeiterin Smadar wurden mit Blumen beschenkt, zwei Autisten, die lesen können, haben einige kleine Texte vorgetragen, was sehr niedlich war, auch wenn wir fast nichts verstanden haben. Anschließend wurden Trommeln in einem Kreis aufgebaut und zwei Profis haben ein bisschen Trommelmusik gemacht und jeder, der wollte, konnte mittrommeln. Dann war der Abend auch schon so langsam vorbei und die Autisten wurden entweder von den Eltern mit nach Hause genommen oder von uns ins Bett gebracht. Und danach bin ich auch selber nur noch ins Bett gefallen, der Tag war ganz schön anstrengend!

Ramallah, Palästina - eine andere Welt

18.10.2013 11:16

Weiter geht es mit unserem Trip nach Ramallah. Es war zwar nur eine Übernachtung, von Freitag auf Samstag, aber trotzdem unglaublich eindrucksvoll und intensiv. Wir sind dorthin, um uns das Oktoberfest anzugucken, aber wir haben so viel mehr davon mitgenommen. Am Freitag sind wir über Jerusalem nach Ramallah gefahren, obwohl das ein kleiner Umweg war. Allerdings gibt es nicht so viel Möglichkeiten, mit dem Bus die Grenze zu überqueren. Allein das war schon ein Erlebnis für sich, da Judith und ich zum ersten Mal die 8 Meter hohe Mauer (doppelt so hoch wie die Berliner Mauer) gesehen haben, die Israel von der Westbank abgrenzt. In Ramallah angekommen haben wir dann auch nach einiger Sucherei das Hostel gefunden und waren wirklich positiv überrascht. Das erst zwei Monate alte Hostel war eher WG-mäßig eingerichtet mit einem netten Wohnraum (mit Couch und HD-Fernseher), der in eine moderne und auch saubere Küche führte. Von dem Wohnraum gingen 3 Schlafzimmer mit mehreren Betten ab, Judith und ich haben im Mädchenschlafsaal übernachtet. Es war alles total gemütlich und auch die Leute, die man dort kennengelernt hat, waren richtig nett, daher haben wir uns sofort wohl gefühlt.

Am ersten Tag unseres Aufenthalts haben wir uns die Stadt angeguckt, in der aber nicht so viel los war. Trotzdem haben wir einige sehr interessante Erfahrungen gemacht, zum Beispiel haben wir arabisches Eis gegessen, das eher die Konsistenz wie Kaugummi hat und echt lecker war. Nur kam man sich vor, als könnte man kein Eis essen ;) Wir haben uns auch die Altstadt angeguckt und später, auf der Suche nach einem alten Gästehaus mit Kunstausstellung, haben wir einen etwas seltsamen Araber getroffen, der uns unbedingt helfen wollte, es zu finden. In Palästina sind sehr viele Menschen total hilfsbereit, da sie den Touristen ihr Land zeigen wollen. Allerdings waren wir vier deutschen, blonden Mädchen die Sensation schlechthin und wurden von allen Seiten angeguckt. Jedenfalls konnten wir uns mit besagtem Araber kaum verständigen und er hat uns erstmal in den Garten seines Cousins mitgenommen, wo er eine Art Fotoshooting mit uns machen wollte. Der Garten war zwar sehr schön, aber er konnte so gar nicht mit Denises Spiegelreflexkamera umgehen und hätten wir nicht irgendwann Stopp gesagt, hätten wir wohl hundert Fotos in diesem Garten gemacht. Wir haben dann kurz danach einen Typ getroffen, der uns im Hostel angeboten hatte, uns ein bisschen die Stadt zu zeigen, was er dann auch gemacht hat. Er kannte glücklicherweise auch das Gästehaus und dort war es sehr interessant, da Fotos aus den Anfängen von Ramallah dort aushingen. Auch das allererste bewohnte Haus in Ramallah wurde uns gezeigt und ein paar andere Sachen. Auch wenn Ramallah schon modern ist, spürt man auch dort die Auswirkungen des Konfliktes. Abends haben wir im Hostel den Film "Five broken Cameras" geguckt, über den Siedlungsbau der Israelis aus der Sicht eines Dörflers, der alles live miterlebt hat, wie sein Dorf nach und nach zurückgetrieben bzw vertrieben wurde. Das war sehr einrucksvoll und bedrückend, aber wir haben dadurch den Konflikt etwas besser verstanden, der unter anderem durch den Siedlungsbau entsteht. Trotzdem bleibt es ein sehr schwieriges Thema, zu dem es noch immer keine Lösung gibt und über das ich mir keine Meinung bilden möchte.

Am nächsten Tag sind wir nur noch zum Oktoberfest, was dagegen eine lustige Erfahrung war. Dort war eine bunte Mischung von arabischer und deutscher Kultur zu finden: auf der einen Seite gab es, extra aus Bayern eingeflogen, die Musikkapelle mit klassischer deutscher Oktoberfestmusik (wobei ich zugeben muss, ehrlich gesagt war das Oktoberfest in Ramallah das erste in meinem Leben, traurig aber wahr :D). Auf der anderen Seite haben arabische Mädchen einen typischen Tanz zu dieser typischen arabischen Musik getanzt, die sich immer ein bisschen so anhört als könnte man damit Schlangen beschwören... Zusätzlich gab es noch eine Clownshow (ein bisschen albern aber ganz lustig) und natürlich das klassische Bierkrugheben. Und später haben wir uns noch ein bisschen mit den Jungs der bayrischen Musikkapelle unterhalten, die einen sehr typischen Akzent hatten und die man auch sofort als Deutsche erkannt hat, allein durch ihr Aussehen. Wir sind dann aber schon recht früh wieder gegangen, weil wir ja noch einen langen Nachhauseweg vor uns hatten und uns war, wer es glaubt oder nicht, furchtbar kalt! Es war richtig kalt und windig in Palästina. Alles in allem ein ziemlich spannendes Wochenende.

Alltägliches

18.10.2013 10:50

Ich fange mal mit den ganzen kleinen Sachen an. Die Sukkot-Einladung von Siwan hatten wir ein bisschen anders erwartet als sie war: Wir haben uns schön angezogen und Anna meinte, wir werden mit Essen überhäuft, daher haben wir sogar überlegt, ein Geschenk mitzunehmen... na ja, war wohl ein bisschen falsch gedacht. Siwan hat uns am Hostel abgeholt und sah noch total verschlafen aus, sie ist extra für uns aufgestanden. Bei ihr zu Haus haben wir uns dann in die Sukkot-Hütte gesetzt, viel zu süßen Kakao getrunken und ein wenig gequatscht, und die Schwester kam auch noch dazu, noch komplett in Schlafsachen... Dann hat Siwans Mutter uns ein kleines Frühstück gemacht und die beiden Mädchen haben uns ein bisschen was über die Bräuche von Sukkot erklärt und das wars schon, da Siwan dann einen Termin beim Zahnarzt hatte. War aber trotzdem lustig.

Das Musikfestival in Rishon war eigentlich ganz cool, überall waren Stände mit Essen und sogar eine Art kleiner Markt mit Schmuck, Klamotten usw aufgebaut. Die Musik war jetzt eher nicht so unser Ding, weil es eher eine Art hebräische Popmusik aus dem vergangenen Jahrhundert war und entsprechend standen auch mehr ältere Leute dort. Aber es war immerhin fast ganz Rishon im Park unterwegs. Dann jedoch haben wir bemerkt, dass uns ein eher dicker und hässlicher Typ um die 30 die ganze Zeit anstarrte und wir sind ein wenig weiter in die Menge gegangen. Kurz darauf hat uns eine ältere Frau angesprochen, ob wir ihren Sohn mit in einen Pub nehmen würden oder wenigstens ein Foto mit ihm machen, da er uns so hübsch fände. Die anderen dachten, dass sie ihren schüchternen 16-jährigen Sohn meint, aber ich hatte schon eine böse Vermutung... und tatsächlich war es dieser komische Typ, der uns vorher so angestarrt hatte. Wir haben natürlich sofort nein gesagt und sind dann auch ziemlich schnell von dort abgehauen. Später haben wir uns dann noch mit Annas Freunden getroffen und sind in einen Pub in Rishon gegangen, wo wir dann noch viel Spaß hatten, uns über die Eigenheiten der deutschen und der hebräischen Sprache auszutauschen. Und natürlich haben wir auch die Geschichte aus dem Park erzählt, woraufhin uns die beiden versichert haben, dass das auf keinen Fall normal wäre in Israel und dass wir uns kein falsches Bild von den Leuten hier machen sollten.

Mal wieder was Neues

02.10.2013 20:35

Irgendwie passiert es ja total schnell, das man seinen Blog vernachlässigt. Na ja, ich versuche mal die Erlebnisse der letzten Wochen zusammenzufassen. So langsam holt mich hier, ob ihr es glaubt oder nicht, der Alltag ein. Die vielen Feiertage sind jetzt rum und das nächste lange Wochenende kommt erst im Dezember... also heißt es jetzt erstmal arbeiten. Wobei, das stimmt nicht ganz. Die letzten Wochnenden haben wir nämlich keinesfalls zu Hause verbracht. Nach dem Jerusalem-Trip sind wir nämlich noch ein Wochenende bei Laura und Denise gewesen, haben einen Ausflug nach Ramallah gemacht und waren erst letztes Wochenende am Toten Meer - heute ist der erste Tag seit langem, an dem ich mal wieder ausschlafen kann und wir nicht irgendwo hinmüssen.

Auch unter der Woche ist so manches passiert, zum Beispiel haben wir Siwan besucht, eine der guides, um uns ihre Sukka (die Hütte, die an Sukkot gebaut wird) anzuschauen (okay, das ist schon echt lange her), waren auf einem kleinen Musikfestival im Park von Rishon, haben uns mit zwei Israelischen Freunden von Anna in einer Bar getroffen und hatten bei uns im Hostel eine sehr schöne kleine Party, bei der alle Eltern der friends zu Besuch kamen. Es ist also ganz schön viel passiert! Und ich komme mit dem Schreiben gar nicht hinterher! Ich probiere es mal der Reihe nach...

Stadt der Kirchen

26.09.2013 13:15

Da am letzten Wochenende mal wieder Feiertage waren (die jetzt aber bis Dezember vorbei sind), haben wir uns Jerusalem angeguckt. Und waren jeden Tag in gefühlt zehn Kirchen: Grabeskirche, Erlöserkirche, Abendmahlkirche, Kirche der Nationen, Ecce-Homo-Basilika, Verurteilungskapelle, Geißelungskapelle, Paternosterkirche, Eleona-Basilika, Dominus flevit, Mariengrab-Kirche... und dabei haben wir den Felsendom und die Maria-Magdalena-Kirche, die aufgrund ihrer goldenen Zwiebelkuppeln ebenfalls sehr bekannt ist, sogar ausgelassen, weil man dort an Feiertagen nicht reinkommt. Wir haben nicht nur all diese Krichen gesehen, wir sind die Via Dolorosa (also den Leidensweg Christi, auf dem er sein Kreuz entlanggeschleppt hat) entlanggegangen, sind über den Bazar geschlendert, haben über die Hälfte der Altstadt auf der Stadtmauer umrundet und haben die Klagemauer besichtigt - und das alles in drei Tagen. Von daher war das Wochenende unglaublich anstrengend aber auch genauso spannend und eindrucksvoll.

Jerusalem ist eine unglaubliche Stadt. An kaum einem anderen Ort der Welt treffen die drei großen Weltreligionen so krass aufeinander. Am für Muslime heiligen Freitag schallt der Sprechgesang des Muezzin eine halbe Stunde lang durch die ganze Stadt. In die Grabeskirche strömen allerhand gläubige Christen, um auf dem Salbungsstein ihre kleinen Kinder zu heiligen und am Grab Jesu zu beten. Am Abend vor Shabbat sieht man Scharen von orthodoxen Juden in Anzügen und mit seltsamen Hüten an der Klagemauer beten und tanzen. Nirgendwo anders habe ich je Menschen auf so eine extreme Weise ihre Religion ausleben sehen.

Es ist zwar ein cooles Gefühl, an den Orten zu stehen, die man aus Geschichten seiner Kindheit und aus dem Konfiunterricht kennt, aber irgendwie unrealistisch. Außerdem ist es abgefahren, wie sehr manche Leute daran glauben, dass es genau so an genau diesen Orten passiert ist. Ich bin da nicht so von überzeugt, vor allem wenn man dann z.B. weiß, dass bestimmt drei verschiedene Kirchen den Ort des Mariengrabes für sich beanspruchen. Und der Tourismus, der an all diesen berühmten Orten herrscht, zerstört auch ihre Heiligkeit.

Der etwas andere Trip

18.09.2013 20:55

Wo ich gerade dabei bin, berichte ich auch noch kurz über den Kurztrip mit den Autisten. Montag morgen ging es los, die Wake-Up Schicht mussten wir netterweise nicht machen, aber um acht war das Treffen zur Abfahrt. Bei Autisten muss man sich aber auf jeden Fall darauf einstellen, dass es ein bis zwei Stunden später werden kann als geplant. Bis die friends dann fertig waren, alles gepackt war und es endlich losgehen konnte, was es inzwischen zehn Uhr. In Zweierpärchen (immer ein Guide pro Autist) saßen wir dann im Bus und fuhren Richtung Norden. Der erste Stopp war in der Nähe eines sehr schönen Parks, wo wir eine kleine Runde gedreht und anschließend zu Mittag gegessen haben, wir waren schließlich schon drei Stunden unterwegs und hatten einen Bärenhunger.

Dann ging es mit dem Bus weiter zum Strand, um dort ins Meer zu springen, und das ist mit Autisten wirklich eine besondere Erfahrung. Es macht unglaublich viel Spaß, weil manche viel mehr aus sich rauskommen und im Wasser herumtollen wie kleine Kinder. Einer ließ sich immer herumtragen wie ein Baby, andere lassen sich gern ins Wasser schmeißen oder schwimmen ein bisschen mit dir mit. Der Strandbesuch hat dann noch den ganzen Nachmittag gedauert, bis wir dann gegen sechs in Richtung Herberge aufgebrochen sind, wo wir die Nacht verbringen wollten. Dort angekommen, wollten wir eigentlich grillen, aber leider waren die Jungs von der Herberge komplett unfähig, deshalb hat es noch einmal zwei Stunden gedauert, bis dann das Essen endlich fertig war. Die Autisten wurden vor lauter Warterei schon unruhig, und wir vier Freiwilligen erst recht, schließlich hatten wir alle einen ziemlichen Kohldampf. Der Montag war also sozusagen der Tag des Hungerns ;) Als es dann Essen gab waren wir alle sehr erleichtert und es war sogar richtig lecker: Schiwapschischi (oder wie auch immer man das schreibt) und gegrilltes Putenschnitzel - das war mal eine ziemlich coole Abwechslung zu dem ständigen Reis mit Bohnen und Fleisch, das man in der Mikrowelle aufwärmt. Anschließend ging es für die Autisten auch schon ins Bett, während wir uns noch ein bisschen zu den Guides gesetzt und gequatscht haben. Die Mehrzahl der Guides sind Mädchen und viele von ihnen sind aus Äthiopien, also dunkelhäutig. Es war eine sehr lustige Gesellschaft, weil wir einen Mischmasch aus Hebräisch, Deutsch, Englisch und einer Sprache aus Äthiopien, dessen Namen ich vergessen hab, gesprochen haben. Auf jeden Fall gut, um ein paar Kontakte zu knüpfen. Am nächsten Morgen ging es schon sehr früh weiter (die meisten Autisten sind schon so zwischen 5 und 6 Uhr wach) und wir sind zu einem anderen Ort gefahren, um eine längere Wanderung auf einem Bergweg zu machen. Das war ziemlich schön und beeindruckend, weil wir an unglaubliche Aussichtspunkte gekommen sind, von denen man meilenweit über die umliegenden Täler und Berge gucken konnte. Unbeschreiblich schön, und ich lasse mal lieber ein paar Bilder sprechen.

Allerdings hatte die Wanderung nicht nur schöne Seiten: Der Autist, auf den ich aufpassen sollte, ist ziemlich ausgerastet. Zuerst hat er geweint und auch rumgeschrien und hat mir schließlich sogar auf den Rücken geschlagen, es tat nicht sehr weh aber ich war total geschockt, weil ich es nicht von ihm erwartet hätte. Normalerweise ist er sehr ruhig und friedlich, er hat nur extreme Ordnungszwänge. Irgendwas scheint ihm an diesem Tag total aus dem Konzept gebracht zu haben. Man sieht also, die Arbeit, die wir machen, kann auch sehr hart sein. Ich habe den Autisten dann für die letzten Paar Meter der Wanderung jemand anderem gegeben. Danach ging es weiter mit dem Bus an den schönsten kleinen Pool, den ich jemals gesehen hab. Es war schon allein eine Herausforderung, dorthin zu kommen, da sich der große Reisebus mit etwa 20 Autisten über einen verschlungenen und holprigen Weg zwischen kleinen Bäumen hindurchkämpfen musste. Aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt! Der Pool lag inmitten von altmodischen Säulen und darum herum waren lauter Granatapfelbäume und Blumen und wenn man über diese hinwegsah, bot sich wieder ein unglaublicher Ausblick über waldbedeckte Gebiete und rotbraune Landschaften mit kleinen Seen und Dörfchen. Es war ein kleines Paradies.

Das Essen, das wir bei der Ankunft bekamen, war ebenfalls paradisisch: frisch gekochten Reis, verschiedene kleine Salate, Pommeskartoffeln, Fleisch, leckere Soßen und sogar Cola und Sprite (zu Hause haben wir meistens nur Leitungswasser, weil Softdrinks oder Saft auf Dauer ziemlich teuer sind). Allerdings musste man bei manchen Friends aufpassen, dass sie einem nicht die Pommes vom Teller klauen, sogar wenn sie selber noch welche haben. Das Schwimmen mit den Autisten hat wieder richtig Spaß gemacht, mit Wasserschlachten und viel Herumgehüpfe. Es war außerdem toll, auf dem Trip mal die anderen Persönlichkeiten kennen zu lernen, denn normalerweise arbeite ich ja nur in einem der drei Häuser und in der Tassuka und bekomme nicht von allen Friends etwas mit. Nachher waren alle ziemlich erschöpft und froh, sich in den drei Stunden Busfahrt zurück zum Hostel noch einmal ausruhen zu können. Zu Hause angekommen mussten wir die Autisten noch bettfertig machen und als ich endlich oben in unserer Wohnung war, war ich froh, auch endlich ins Bett zu fallen. Der Trip war zwar sehr schön, aber mit den Eigenarten der Autisten und zudem der dauernden Geräuschkulisse (manche plappern vor sich hin, geben seltsame Laute von sich oder rufen irgendwas) ist man doch froh, dass es nicht länger als zwei Tage waren.

Ein entspanntes Wochenende

18.09.2013 20:28

Am Wochenende (das heißt bei mir Freitag und Samstag) war, wie schon erwähnt, Yom Kippur. An diesem Feiertag ist in Israel nichts los, komplett tote Hose, also sind wir einfach zu Hause geblieben und haben die freien Tage mit gammeln, lesen, Serien gucken, sonnen, gammeln und, ach ja, gammeln verbracht ;) Das war mir ziemlich recht, weil ich so meine fiese Erkältung auskurieren konnte, die ich mir dank der superfiesen Klimaanlagen in den Häusern eingefangen hatte. Eigentlich ziemlich lächerlich, sich bei 30 Grad einen Schnupfen zu holen, aber das scheint viele zu treffen, die nicht wie die Israelis eine Hitze/Kälte-Unempfindlichkeit haben. Das lustige ist: Bei 30 Grad draußen laufen sie in langen Hosen und Pulli rum, in den Häusern, die auf 16 Grad runtergekühlt sind, in Leggins und Top, aber kaltes Wasser ist das Schlimmste was es gibt... das soll einer verstehen. Möglicherweise liegt es daran, dass das Meer von der Sonne schön erwärmt ist, da ist man halt an warmes Wasser gewöhnt. Jedenfalls bin ich den Schnupfen jetzt auch wieder los, Gott sei Dank. Und eigentlich stimmt es nicht ganz, dass wir an Yom Kippur nur gegammelt haben. Man kann an diesem Tag nämlich etwas machen, was in Deutschland niemals möglich wäre: auf der Autobahn spazieren gehen. Das haben wir natürlich ausgenutzt. Als wir Freitagabend ein bisschen nach draußen gegangen sind, waren lauter kleine Kinder mit ihren Fahrrädern auf den Straßen unterwegs und man hat weit und breit kein Auto gesehen (na ja, ein oder zwei vielleicht, aber das waren dann entweder Krankenwagen oder Polizei oder sie mussten Warnblinklicht an haben). Auch die Autobahn war leergefegt und die Atmosphäre war toll, all die Menschen, die mitten auf der Straße herumspazierten und mit Fahrrädern und Inlinern unterwegs waren. Israel ist wirklich ein verrücktes Land.

Fotos von unserer Eroberung der Straße:

 

 

 

 

 

 

 

Rosh Hashana

14.09.2013 11:07

Wir befinden uns im Jahre 5774... zumindest nach dem jüdischen Kalender. Denn letztes Wochenende wurde hier in Israel Rosh Hashana, das jüdische Neujahr gefeiert - im September. Deshalb hatten wir nach drei Tagen Arbeit schon wieder vier Tage frei - und haben das auch ausgenutzt. Am Mittwoch sind ich und Judith schon früh nach Tel Aviv gefahren, um uns die Stadt anzugucken. Als wir endlich aus der riesigen Central Station herausgefunden hatten, wartete jedoch der erste Kulturschock auf uns: es war laut, voll, chaotisch und sah überhaupt nicht nach Altstadt aus, wie wir es erwartet hatten. Etwas ratlos liefen wir durch die Gegend und versuchten, die Wegbeschreibungen der Israeli zu verstehen, die leider oft nicht besonders gutes Englisch sprechen, wenn überhaupt. Zum Glück schafften wir es dann irgendwann, uns nach Old Jaffa, einem wunderschönen Stadtteil von Tel Aviv, durchzuschlagen. Dort war nicht nur der Strand und das Meer, auch ein wunderschöner Garten und die Aussicht auf die Skyline von Tel Aviv haben unsere Laune wieder deutlich steigen lassen. Der Tag war gerettet. Um vier kamen dann die anderen Ekir-Leute, wir haben zusammen den Tag am Strand verbracht, uns über die neuen Erlebnisse ausgetauscht und abends in Romans Geburtstag reingefeiert (er ist Freiwilliger in Haifa). Nicht zu vergessen das nächtliche Schwimmen im Meer, das hier in Israel badewannenwarm ist.

Am nächsten Tag, nach einer gequetschten Nacht mit 10 Leuten in unserer kleinen Wohnung, haben wir ausgiebig gefrühstückt und wollten zum Rishon Beach, was fast unmöglich schien, da an Feiertagen einfach keine Busse fahren. Wir haben dann doch ein Sherut gefunden, so nennen sich die arabischen Sammeltaxen, die aber eigentlich nicht viel teurer sind als der Bus. Dieser Sherutfahrer konnte sich aber freuen, da er an uns ziemlich gut verdient hat, was wir im Nachhinein bereut haben. Der Tag am Strand wurde noch ziemlich schön bis auf ein sehr fieses Erlebnis für Judith: Ein Quallenbiss und das gleich in der ersten Woche in Israel. Weil sie dann auch ziemliche Schmerzen hatte, sind wir schon bald wieder aufgebrochen und zurück getrampt. Das war eine sehr lustige Erfahrung: Drei von uns sind mit einem alten Ehepaar mitgefahren, die extra einen Umweg gemacht haben und sich ständig verfahren haben, weil sie das Navi nicht lesen konnten. Ich bin mit Laura und Roman bei einem sehr lustigen älteren Typ mitgefahren, der 25 Jahre bei der Army war und ziemlich verrückt. Er hat uns am Ende eine CD mit jüdischer Musik geschenkt.

Am nächsten Tag ging es dann weiter nach Haifa, wo wir uns Romans und Malins Projekt angeguckt haben. Es ist wunderschön und aufgebaut wie ein kleines Dorf, mit lauter kleinen Häusern, eigenen Tieren, einem Gemüsegarten, einem Pool und so weiter. Die beiden arbeiten dort mit körperlich und geistig Behinderten in verschieden kleinen Projekten, wie Töpfern, Gartenarbeit, Handarbeit und noch viel mehr. Malins Mitbewohnerin Maité hat uns dann noch zu einem tollen Aussichtspunkt auf einem Hügel mitgenommen, von dem aus man die ganze Umgebung und auch nah liegende Städte sehen konnte. Dort haben wir noch einen sehr schönen Sonnenuntergang genossen. Abends haben wir noch zusammen einen Film geguckt und schließlich bei Malin in der WG übernachtet.

Samstag stand unser Tagesausflug nach Akko an. Irgendwie haben wir uns mit trampen, Bus und Sherut bis dahin durchgeschlagen und fanden eine sehr schöne alte Hafenstadt vor. Wir sind ein bisschen durch das wunderschöne Ambiente innerhalb der alten Stadtmauern gelaufen und haben irgendwann einen kleinen Garten/Park mit Brunnen gefunden, wo man sich von der brütenden Hitze ein bisschen ausruhen konnte. Anschließend haben wir eine Moschee besichtigt, wo alle Religionen hinkommen und beten können. Dort mussten wir uns erstmal lauter Tücher überziehen, weil man in Moscheen ja kaum Haut zeigen darf. Sehr interessant war auch der Markt, den wir uns angeschaut haben, wo jede Menge orientalische Kleidung und Gewürze angeboten werden. Man kann in Israel natürlich auch überall Falafeln essen, die unheimlich lecker sind - das war dann unser Mittagessen. Den restlichen Tag saßen wir noch ein bisschen auf der Mauer, wo man einen tollen Blick auf das Meer hatte - es gab sogar ein paar verrückte, die von der etwa 6 oder 7 Meter hohen Mauer ins Meer gesprungen sind. Nach diesem Tag waren wir aber auch froh, nach Hause zu kommen und ein bisschen Ruhe zu haben, so eine Stadtbesichtigung bei Temperaturen über 30 Grad ist schließlich ganz schön anstrengend.

Rückblick

10.09.2013 22:00

Heute bin ich seit genau zwei Wochen in Israel und habe es auch endlich geschafft, einen Blog zu erstellen. Deshalb hier ein kleiner Rückblick: Was bisher geschah.

Ich versuche mich kurz zu fassen. Als ich vor zwei Wochen am Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv angekommen bin, konnte ich noch nicht realisieren, dass ich mich in Israel befand und dort ein Jahr bleiben würde. Seitdem ist so einiges passiert.

Mein neuer Wohnort heißt Rishon le Zion und liegt südlich von Tel Aviv. Dorthin braucht man bustechnisch etwa 40 min. ebenso wie zum Rishon Beach. Die WG, in der ich wohne, teile ich mir mit 3 anderen Voluntärinnen. Sie ist klein, aber sehr schön, nachdem wir sie in einer großen Putzaktion von Grund auf gereinigt haben. Außerdem haben wir am ersten Tag schon gemeinsam eine Ameisenplage besiegt, einen Probe-Feueralarm erlebt und einen Stromausfall rückgängig gemacht. Zu der Wohnung gehört eine riesige Dachterasse, für die wir uns erstmal den Schlüssel erkämpfen mussten. Mittlerweile haben wir uns aber sehr schön eingerichtet.

Das Projekt, in dem ich jetzt arbeite, ist klein und besteht aus drei Häusern mit je acht friends oder chaverim, so nennen wir die Autisten. Unsere Arbeit besteht aus der Wake-Up-Schicht von halb 7 bis 8 und der Nachmittagsschicht von halb 4 bis 9 (meistens kann man aber früher gehen). Die Arbeitswoche geht von Sonntag bis Donnerstag, da Samstags ja in Israel der Shabbat ist, an dem nicht gearbeitet werden darf und man daher leider mit öffentlichen Verkehrsmitteln fast nirgendwo hinkommt. Der Start in den Arbeitsalltag mit den Autisten war schon ziemlich schwierig, vor allem, weil ich ja kein Wort Hebräisch konnte. Mittlerweile weiß ich ein paar Fetzen und kann auch schon ein bisschen schreiben, da wir Montags vormittags immer Sprachunterricht bei Emmy haben; sie ist eine tolle Lehrerin. Deshalb macht es echt viel Spaß, obwohl Hebräisch eine verdammt komplizierte Sprache ist.

Meine Aufgaben bei der Arbeit umfassen vor allem die Pflege und Beschäftigung der Autisten, d.h. duschen, Zähne putzen, umziehen helfen, Spiele spielen, Essen machen, Wäsche machen. (Wie eine Mitarbeiterin zu mir sagte: "Nach diesem Jahr kannst du alles, was eine Mutter können muss" ;-) ) Es gibt jeden Tag einen Programmpunkt wie Sport, Kunst oder Backen. Da die Autisten sehr unterschiedlich sind, was ihre Selbstständigkeit angeht, kann man leider nicht immer alle mit einbeziehen. Da die Programmpunkte manchmal kurz sind oder auch ausfallen können, gibt es auch Tage, an denen man viel herumsitzt. Dann versuche ich, selbst etwas zu organisieren, zum Beispiel Spiele, Spaziergänge oder malen. Das ist nicht immer einfach. In einem Punkt hatte ich aber Glück: In meinem Haus sind die Autisten nicht sehr agressiv, daher ist die Arbeit relativ entspannt.

Was Israel angeht, ist es wirklich ein sehr spezielles Land. Man trifft auf sehr offene und herzliche aber auch auf unfreundliche Menschen (zum Beispiel Busfahrer). Außerdem muss man als nicht Hebräisch sprechender Mensch aufpassen, dass man nicht übers Ohr gehauen wird, was z.B. Taxipreise angeht. Die Landschaft ist natürlich fantastisch: Es gibt hier wunderschöne Strände und am Wochenende haben wir Akko besichtigt, eine sehr schöne Hafenstadt im Norden, wo es noch alte Stadtmauern und eine berühmte Moschee gibt. Abgesehen davon braucht man sich hier keine Gedanken über das Wetter zu machen: Jeden Tag Sonne und um die 30 Grad. Da es aber in den Häusern verdammt gute Klimaanlagen gibt, habe ich mir erstmal eine Erkältung eingefangen ;-)

Fotos folgen noch. Bis bald!